Bis an die Grenzen des Machbaren

Victorbur. Er sei ganz versessen auf die Musik Giovanni Pandolfis, bekannte Violinist Daniel Sepec und stürzte sich gleich in die nächste Sonate des italienischen Komponisten, der heute weitgehend vergessen ist, der aber Musik schrieb, die technisch wie rhythmisch und melodisch einen reichlich wilden Stil zeigt. Stylus Fantasticus nannte man in der Barockzeit diese Improvisationskunst, die heute durchaus modern anmutet.

Im Konzert des Musikalischen Sommers in Ostfriesland zeigte das Ensemble „Il Rosario“ in der Kirche zu Victorbur allerhand Beispiele für eine derartige Musikrichtung, die ebenso unkonventionell wie virtuos daherkommt und oft genug wie der Ritt auf einem wilden Stier anmutet – mit hohem Tempo, jähem Abbremsen, raffinierten Drehungen und Wendungen, immer aber klanglich delikat und vor allem spannend zu hören und zu beobachten. Was Daniel Sepec mit seiner Barockvioline vorführte, war hohe Kunst und ging bis an die Grenzen des Machbaren. Und er stand ja nicht allen auf der Bühne, sondern hatte seine musikalischen Weggefährten mitgebracht.

Hille Perl (Gambe), Lee Santana mit seiner Theorbe, wahlweise auch mit Barockgitarre und Laute, sowie Michael Behringer am Cembalo waren mit Sepec auf einer Höhe, betätigten sich daneben als eigenständiges Duo oder solistisch und zeigten, dass die Musik des Barock eine höchst ideenreiche, angenehm anzuhörende, faszinierende Angelegenheit ist, wenn sie denn derart lustvoll vorgeführt wird.

Bis auf Ignaz Franz von Biber und Hieronymus Kapsberger dürften die Namen der anderen Komponisten den Besuchern vor Konzertbeginn wenig oder gar nichts gesagt haben. Die musikalische Palette um allerhand Raritäten des 17. Jahrhunderts bereichert zu haben, ist das Verdienst von „Il Rosario“, dessen Gründer Sepec seinem „Rosenkranz“ – so die Übersetzung des Ensemble-Namens – Ehre antat, indem er statt der sonst üblichen schwarzen Musikermontur ein Hemd trug, das ein Motiv aus lauter roten Rosenköpfchen zierte.