Die Vielseitigkeit eines Knabenchores

Aurich. Das vorletzte Konzert der diesjährigen „Gezeiten“ war noch einmal dem Gesang gewidmet. Der „Hamburger Knabenchor“ unter Leitung von Luiz de Godoy brachte in der Lambertikirche ein die Jahrhunderte übergreifendes Programm zum Erklingen. Es reichte in der Tat vom 14. bis zum 21. Jahrhundert und stellte ganz unterschiedliche Stile vor. Vom Musical-Song bis zum Gospel, vom Kunstlied bis zur Kantate, vom Volkslied bis zur Motette. Rund zwei Dutzend Beiträge ließen den rund 40 Sängern vielerlei Gelegenheit, sich im Chorverband, als kleine Gruppe oder auch solo, mit wunderbar klaren Stimmen vorteilhaft zu präsentierten. Zugleich zeigte sich aber auch die Vielseitigkeit des Chores, der auch solistische Gesänge aus dem eigenen Stimmbestand heraus realisieren konnte.

Der Hamburger Knabenchor unter der Leitung von Luiz de Godoy präsentierte in der Auricher Ludgerikirche ein Panorama seines Repertoires mit Werken für gemischten Chor sowie ausgewählte Sätze für Knabenchor und Männerchor. Bilder: Karlheinz Krämer

Schon der Einzug – wegen des rauschenden Regens in die Kirche verlegt – demonstrierte die ausgefeilte Stimmbildung, die die jungen Sänger genossen haben mussten. Für diesen Part hatte de Godoy eine Motette aus dem Montpellier Codex gewählt, einer Sammlung des 13. Jahrhunderts. Die Wirkung war außerordentlich feierlich. Den sakralen Kontext komplettierten ein Kyrie aus der Missa Brevis von Palestrina und der Anfang des berühmten „Gloria in D-Dur“ von Vivaldi. Da habe man doch schon einen kleinen Gottesdienst zusammengestellt, meinte de Godoy.

Gaben Einblick in ein reiches Repertoire: Knaben des Hamburger Chores. Rechts: Solist Jonathan Skala

Und dann ging es erst richtig los. Barock, Hochromantik, Postromantik, Wiener Klassik, Ausflüge in die Moderne, ein Traditional. Schließlich ging es dann etwa mit „Dat du mien Leevsten büst“ ins Plattdeutsche. Und es kam zu einer chorischen Würdigung des ostfriesischen Musikers und Journalisten Hannes Flesner, dessen Todestag sich am Freitag zum 40. Mal jährte. Sein „Teewalzer“ brachte schon mal Schwung in die Lambertikirche. „Ostfriesische Gemütlichkeit hält stets ein Tässchen Tee bereit“ heißt es da im Dreivierteltakt. Und auch das Klootschießer-Lied „Lüch up un fleu herut“ kam bestens an. Klar, dass das Publikum diese kleine Erinnerung zu würdigen wusste.

Führte durch den Abend: „Chor-Kapellmeister“ Luiz de Godoy

„O, wie war das schön“, war der meistgehörte Satz aus dem Publikum an diesem Abend. Dabei fiel der Blick nicht nur auf die Knaben und die jungen Männer des Hamburger Chores, sondern auch auf dessen Leiter, der mit leichter Hand und sprechender Gestik den jugendlichen Überschwang in geeignete Bahnen leitete. Dabei übernahm er selber die Moderation und spielte am Klavier die Begleitung.

De Godoy hat eine Menge Erfahrung nach Hamburg mitgebracht. So leitete er auch schon die Wiener Sängerknaben. Somit war es nachvollziehbar, dass der künstlerische Leiter der Gezeiten, Matthias Kirschnereit, davon sprach, dass der Hamburger Knabenchor den berühmten Internatschören in Sachen Qualität in nichts nachsteht. Davon konnte man sich in Aurich überzeugen.