Großartige Eröffnung des „Sommers“

Leer. Außer der Reihe fand die Eröffnung des Musikalischen Sommers in Ostfriesland nicht in der Auricher Lambertikirche, sondern in der Großen Kirche in Leer statt. Auf dem Programm stand ein Abend mit Schubert, Schumann und Erkin. Erkin? Der Komponist und Pianist Ulvi Cemal Erkin (1906 bis 1972) hat mit seinem „Quintet“ eine Kammermusik von hohem Schwierigkeitsgrat geschrieben.

Iwan König und das Jade-Quartett in der Besetzung Yu Zhuang und Hanlin Liang (Violinen), Ilro Rajakoski (Viola) und Shihyu Yu-Holz. Bild: Karsten Gleich

Zudem verbindet er in dem viersätzigen Werk zwei Traditionen: die westeuropäische und die türkische. Das aber setzt er in einer bestechend schönen Weise, die romantisierende Züge trägt, um. Der zweite Satz seines Klavierquintetts von 1946 wirkt im Klavier-Part bedrohlich, aber sehr bewegt. Es ist sicher nicht verfehlt, zu vermuten, dass hier die noch frischen Erinnerungen an die Kriegsereignisse eine musikalische Verarbeitung erfahren haben. Denn im dritten Satz meint man Klage und Jammer herauszuhören, die nach einer massiven Steigerung schließlich leise verklingen.

Die Musik ist grundsätzlich zeitlos, teilweise aggressiv, aber immer mit einem Sinn für eine humane Klangwelt komponiert – und so wurde sie auch umgesetzt. Iwan König und das Jade-Quartett
waren ungemein präsent und setzten das Quintett mit großer Präzision und sicherem Geschmack blendend um. Damit fügten sie zugleich eine ganz neue Farbe in das klassische Kammermusikkonzept ein.

Das Jade-Quartett hatte sich eingangs mit dem Quartettsatz c-Moll von Franz Schubert vorgestellt und hierbei eine Leidenschaft an den Tag gelegt, die auch für Schumanns Klavierquintett Es-Dur einiges erwarten ließ. Und natürlich wurde dieses geniale Werk Schumanns zum musikalischen Höhepunkt des Abends. Clara Schumann, die bei der Uraufführung selber den Klavier-Part spielte, hatte über das Quintett ihres Mannes notiert: „… ein Werk voll Kraft und Frische“.

Und so setzten König und das Jade-Quartett einen schönen Akzent, der das Motto des diesjährigen Festivals – Freundschaft – in mehrfacher Weise unterstrich. Denn das Quartett gehört seit früher Zeit zu den Ensembles, die den Musikalischen Sommer begleitet haben. Und nun markierten – beim nunmehr 40. Durchgang – viele freundschaftliche Gesten die lange Phase einer gedeihlichen Zusammenarbeit.