„Geben Sie alles!“
Emden. Im Rahmen einer dreistündigen Zeremonie ist am Sonntag (27. August) der lutherische Regionalbischof Dr. Detlef Klahr von dem Bischof der Lutherischen Landeskirche Hannover, Ralf Meister, entpflichtet und in den Ruhestand verabschiedet worden. Die Martin-Luther-Kirche, Klahrs Predigtkirche, war voll besetzt, als der Gottesdienst mit dem „Grand Choeur Dialogué für Orgel und Bläserensemble“ von Eugen Gigout wirkmächtig begann und eine schier endlose Zahl von Pastoren im Talar in die Kirche einzog.
Klahr selber hielt die Predigt – und er tat das humorvoll und energisch, als er über die Heilung des Tauben durch Christus nach dem Evangelium des Markus, Kapitel 7, Vers 31 bis 37, sprach. Der Regionalbischof legte den biblischen Text mit persönlicher Attitüde aus, aber ohne wirklich privat zu werden. So spielte er zwar auf seinen ersten Beruf bei der Post an, tat das aber in solcher Distanz, dass sofort klar wurde, dass es sich um eine Episode im Leben gehandelt hatte, nicht aber um Berufung. Auch seine Lieblingsdichterin, Hilde Domin, zitiert er, aber eher als ein thematisches „Antippen“ denn als ein wirkliches Auserzählen.
„Geben Sie alles“, hatte ihm ein Passant noch am Sonnabend als Gruß mit auf den Weg in die Verabschiedung gegeben – und eben diese Aufforderung schien für Klahr verbindlich zu sein – in seiner letzten Predigt als Regionalbischof, die er mit dem Satz beendete, der für ihn wohl die Summe seiner Erfahrungen als Mensch und Theologe war: „Gott hat alles wohl gemacht!“
Bischof Ralf Meister fasste zusammen, was man vermissen werde, wenn Detlef Klahr nicht mehr da sei. Und diese Auflistung, die ebenfalls von trockenem Humor gebrochen war, begann mit der Fähigkeit Klahrs, dem Leben positiv zugewandt zu sein bis zu seiner „lässigen Ignoranz für Formalismus“. Darein mischten sich aber auch Beobachtungen, die sich auf Klahrs immer formvollendeten Kleidungsstil bezogen. Etwa wenn der Gartenfreund seine Blumen im „fein gebügelten Hemd“ zu wässern pflegte. Für Heiterkeit sorgte Meisters „sorgenvolle“ Frage, woher er denn künftig seine Müsli-Riegel bei den Landessynoden herbekommen solle? Klahr habe sie ihm bei den langen Veranstaltungen stets zugesteckt.
Dass Klahr – wie Luther – auch politische Aspekte im Blick hatte, hob die Vizepräsidentin des niedersächsischen Landtages, Barbara Otte-Kinast, in ihrem Grußwort hervor. Und benannte etwa den Palliativtag zur Sterbehilfe, den Klahr noch vor wenigen Wochen veranstaltet hatte, oder die Vortrags- und Gesprächsreihen in Zusammenarbeit mit dem Hochschule Emden-Leer. Politik und Theologe seien dabei verbunden in ihrem Einsatz für den Nächsten und das Bestreben, alles zum Guten wenden zu wollen, sagte die ehemalige Ministerin.
Landschaftspräsident Rico Mecklenburg sprach von Klahrs kulturellem Engagement, das häufig zu einem Austausch mit der Ostfriesischen Landschaft geführt habe und das für Ostfriesland wichtig gewesen sei. Dies umso mehr, als der Sprengel Ostfriesland-Ems der einzige der Landeskirche sei, der eine Landschaftsbezeichnung im Titel trage. Klahr habe sich aber auch im Kuratorium der Johannes a Lasco Bibliothek um den Erhalt der Einrichtung verdient gemacht.
Von dem großen Traum einer Einheit der evangelischen und katholischen Kirche auch beim Abendmahl sprach Domkapitular Reinhard Molitor, der als Ökumene-Beauftragter des Bistums Osnabrück an eine Situation bei einem feierlichen Gottesdienst im Dom zu Osnabrück erinnerte, als Klahr darauf verzichtete, an der Eucharistie-Feier teilzunehmen, um keine unangenehme Situation heraufzubeschwören. Molitor habe sich damals mit ihm solidarisiert und sei dem Abendmahl ebenfalls fern geblieben. Der katholische Geistliche wünschte sich, dass die Ökumene weiter gehen und bezog sich auf den Leitsatz der Leuenberger Konkordie, der die „versöhnte Verschiedenheit“ der Kirchen als ökumenische Zielvorstellung propagiert.
Detlef Klahr begrüßte unter den vielen Gästen zwei besondere Menschen, die für seinen bisherigen Lebensweg prägend waren: seinen Doktorvater Professor Dr. Wolfgang Sommer (Jahrgang 1939) und seine Grundschullehrerin Rosemarie Hertwig, der er erstmals als Neunjähriger begegnete und die ihn gelehrt habe, dass „Bildung ein Ding für ein ganzes Leben“ ist. Den letzten Schlussstrich unter sein Amt zog der nunmehr emeritierte Regionalbischof mit dem alles umfassenden Satz: „Es war mir eine Freude!“
Der Gottesdienst war begleitet von viel Musik. Mitwirkende waren die Kantorei der Martin-Luther-Gemeinde, das Sprengel-Ensemble Ostfriesland-Ems sowie Bläser aus dem Sprengel Ostfriesland-Ems, Kirchenmusikdirektor Johannes Geßner, Organistin Brigitte Höhn, Kirchenkreiskantor Marc Waskowiak und Landesposaunenwart Hayo Bunger.
Die Leitung des Gottesdienstes hatte die Superintendentin des Kirchenkreises Emden-Leer, Christa Olearius.